Die Hesselbachs als Medienphänomen
Eine Einführung in den Hesselbach-Kosmos von Kai S. Knörr
Anderthalb Generationen später sind die Hesselbachs noch immer „in den Medien“ und finden in televisionärer Endlosschleife ihr Publikum. Unbeabsichtigt, aber unübersehbar erfüllen sie für uns heute eine Kommentarfunktion zur Mentalitätsgeschichte der „Adenauer-Ära“.
Wolf Schmidt hat mit eigens entwickelten Verfahren als erster bewiesen, dass sich das ur-amerikanische Konzept von Radio-soaps und Film-Serials auch in Deutschland umsetzen ließ. Dies geschah gegen Widerstände, denn die Traditionen des Rundfunks wie auch des Films waren einem – im Grunde diskreditierten – künstlerischen Ethos verhaftet und standen der (Endlos-)Serie skeptisch bis ablehnend gegenüber.
Als die Hesselbachs starteten, war Schmidt schon Serienspezialist. Dem ehemaligen Zeitungsjournalisten war klar, daß die Serie in den Produktionsprinzipien der Massenmedien selbst schlummert. Er wußte um die Beschaffenheit von „Formaten“, und er hatte sich jahrelang mit Dramaturgie beschäftigt. Wie ein Jurist (der er ja auch einmal kurz werden wollte) die Komplexität von Erzählungen in eine logisch-kausale Ordnung nüchterner Gesetzmäßigkeiten bringt, brach Schmidt den „Inhalt“ literarischer Werke auf knappe, klare Formeln herunter, die untereinander kombiniert und transformiert werden konnten.
Dass aus solch kühlen, harten Gesetzmäßigkeiten des Zettelkastens dann wieder so etwas Lebendiges entstehen konnte wie die Hesselbachs, ist Teil des Phänomens, und dazu gehört auch die Spekulation um die Betriebsgeheimnisse des Schriftstellers. Einem guten Produkt sieht man die technischen Umstände seiner Herstellung nicht ohne weiteres an, und wenn doch, dann mit Absicht.
Die Anziehungskraft der Hesselbachs speiste sich nicht zuletzt aus der einzigartigen Mischung, die die persönlichen Qualitäten aller an der Produktion Beteiligten zur Geltung brachte. Und diese Mischung funktionierte in fast allen denkbaren Settings – mit Babba Hesselbach alias Wolf Schmidt als einziger Konstante.
Die Hesselbachs wandelten sich in diesen knapp zwei Jahrzehnten mit den Lebensbedingungen ihrer Zuschauer. Dazu gehörte, dass sie den Vorlieben des Publikums bei der Wahl des beliebtesten „Treffpunktes“ treu folgten – ob im Radio, auf der Kinoleinwand, in verschiedensten Buchformaten, auf Schallplatte oder im Fernsehen – noch bevor es diesen Begriff überhaupt offiziell gab, waren die Hesselbachs ein „Straßenfeger“.
Und im Gegensatz zu ihren Fernseh-Vorgängern, den „Schölermanns“, hatten die Hesselbachs von Anfang einen Fernseher im Wohnzimmer stehen – der freilich so gut wie immer ausgeschaltet blieb.
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