Die Begegnung mit den Hesselbachs und dadurch natürlich mit Wolf Schmidt war für mich, glaube ich, genauso wichtig, wie es die Hesselbachs für die Hessen überhaupt waren, als die Serie zum ersten Mal lief.
Er hat alles verändert, bei den damaligen Hessen wie dann später bei mir, ich komme ja auch aus Friedberg in der Wetterau, wie er. Beispiel: Ich kann mich erinnern, daß ein ganz wichtiger, geradezu historischer Termin für meine Generation „Die Volkszählung“ von Badesalz war, Bürgerhaus Sprendlingen, ein Vierteljahrhundert her, bis heute sind wir alle Volkszählungs-zitierfest. Die Hesselbachs habe ich erst ein paar Jahre später kennengelernt, und mir war sofort klar: nicht einmal Badesalz wäre ohne Wolf Schmidt jemals denkbar gewesen. Er ist der Urvater der Hessenbewegung im medialen Sinn und hat auch bei mir erhebliche Spuren hinterlassen.
Aber Hesselbach als Erfinder des Hessen-Sprech, als genialer Fernsehunterhalter, als Identikationsfigurenerfinder für eine ganze Generation von Lindners und Pinellas, das greift zu kurz. Wolf Schmidt hat sehr viel tiefer in die Wurzeln unseres Mensch- und Gesellschaftseins hineingebohrt. Da war vielleicht höchstens noch Vicco von Bülow mit ihm auf einer Höhe: Es sind Kommunikationsanalysen, aber gleichzeitig auch Seelenanalysen, Analysen menschlicher Grundtypen.
Wolf Schmidt war, glaube ich, eine der originellsten Ausprägungen des philantropischen Misanthropen. Bzw. des misanthropischen Philantropen.
Andreas Maier
Clemens Andreas Maier ist Schriftsteller. In seinem Buch "Ich. Frankfurter Poetikvorlesungen" bei Suhrkamp hat er u. a. Wolf Schmidts Kommunikationstechnik unter die Lupe genommen. Siehe dazu nachfolgenden Link.