Tausend Worte Hessisch - aus dem Schwabenland
Einige davon kamen besonders gut in hessischer Mundart an. Schmidt hatte die Idee, diese Stoffe unter einem treffenden Oberbegriff zu sammeln.
In Deutschland waren damals immer noch die bereits seit den 1930er Jahren bekannten Sprachschnellkurse "1000 Worte ..." populär. In einem Schuber verpackt, bekam man den Grundwortschatz bzw. die Standardphrasen einer Fremdsprache zum "schnellen" Lernen aufbereitet in Kapitelhefte, beispielsweise Englisch oder Französisch.
Schmidt parodierte diesen Titel nun als "1000 Worte Hessisch" und wollte sie als Hörspiele ins Radio bringen. Und was wäre dazu naheliegender als Radio Frankfurt?
An seinem Vorschlag war aber der hessische Sender in Frankfurt zunächst nicht sonderlich interessiert. 1948/49 war man dort mit Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff unterhaltungsmäßig bereits so gut aufgestellt, dass man keinen Bedarf für Schmidts Stoffe sah.
In Stuttgart war die Lage anders. Der Spielleiter des Senders, Franz Ulrich Gass, sah ein Potential in dem hessischen Kabarettisten und engagierte Schmidt.
Man darf darüber spekulieren, warum die Sketche nicht ins Schwäbische übertragen wurden. Denkbar wäre, dass der hessische Dialekt des mürrischen, skurrilen Protagonisten im benachbarten Schwabenland eine gewisse, aus Lokalpatriotismus geborene Genugtuung hervorrufen sollte. Wahrscheinlicher ist, dass Wolf Schmidt selbst sprechen wollte, nicht nur, weil dies für ihn lukrativer war, sondern weil er die Sketche wirklich gut spielen konnte.
So entstanden in Stuttgart, im "Schwabenland", die ersten Folgen der "Tausend Worte Hessisch". Später wurden dann noch viele weitere "Worte" in Frankfurt produziert. Es war also ganz ähnlich, wie bei den Hesselbachs: Deren Vorläufer stammen auch aus Stuttgart - Die Staudenmaiers.
Die schwäbischen "1000 Worte Hessisch"...
... verzeichnet im Landesarchiv Baden-Württemberg
Das Inserat
Ein Mann sucht eine Frau und will deshalb bei einer Zeitung ein Inserat aufgeben. Er ist aber mit den üblichen Formulierungen nicht einverstanden, auch das Inserat ist ihm zu teuer. Außerdem ist er bereits verheiratet und wollte nur sehen, ob er sich "verbessern" könnte.Die Beratung
Eine Ausländerin sucht eine Beratungsstelle auf, weil sie von ihrem Mann verlassen wurde, er sei grob zu ihr und hätte sie mit Schimpfwörtern beschimpft. Der Berater klärt sie auf, daß diese Schimpfwörter als Liebeserklärung aufzufassen sind. Die Hessen sind eben so, rauhe Schale und harter Kern.Die Kondolation
Der Onkel von Karl ist gestorben. Der Freund erwartet, daß Karl, der ja nun geerbt hat, ihm die geliehenen hundert Mark zurückgibt. Aber der Onkel hat das ganze Vermögen "versoffen".Der Flirt
Schorsch ist besorgt, weil seine Ehefrau am Abend nicht nach Hause kommt. Er hat die schlimmsten Vorstellungen, was passiert sein könnte. Da bekommt er einen Anruf von einer fremden Frau und flirtet mit ihr. Sie ist aber die Freundin der Ehefrau und wurde von ihr zu diesem Anruf angestiftet. Er ist sehr entrüstet, daß ihn seine Frau so aufs Glatteis geführt hat, seine Frau, um die er den ganzen Abend so gezittert hat.Nicht sentimental werden
Ein Ehemann bekommt einen Brief seiner Jugendliebe Hedwig und wird melancholisch, als er sich an die gute alte Zeit erinnert. Als er jedoch merkt, daß sie ihn um einen Gefallen bittet, schickt er den Brief lieber "unbekannt" zurück.Der Querulant (Hörprobe)
Der SWR hat eine digital aufbereitete Fassung einiger Original-1000 Worte Hessisch produziert. Eine Hörprobe finden Sie oben. Der SWR hat diese und andere Episoden nun zum Herunterladen bereitgestellt:
Der Querulant
Ein unfreundlicher, egoistischer Fahrgast will im Zug ein Abteil für sich. Als eine Frau mit ihrem Hund Emil trotzdem zusteigt, fängt der Fahrgast (der auch Emil heißt) Streit mit ihr an. Ein neuer Fahrgast steigt ein, wird ebenfalls beschimpft und beginnt daraufhin mit dem Hund Emil so zu reden, daß sich der Mensch Emil beleidigt fühlt. Am Ende spielen die beiden anderen Fahrgäste dem Querulanten Emil einen Streich.Ordnung muß sein
Ein Mann wird beim Kartoffelholen im Keller eingeschlossen. Eine Hausbewohnerin befreit ihn, doch er behauptet, daß sie ihn eingesperrt habe. Es stellt sich heraus, daß er selbst (in Gedanken vertieft) den Schlüssel herumgedreht hat. Um sich bei der Frau nicht bedanken zu müssen, läßt er sich noch einmal einsperren: Als er von innen aufschließen will, bricht ihm der Schlüsselbart ab - jetzt ist er wirklich gefangen.Der Beschützer
Ein Mann begleitet eine Frau durch den Park im Dunkeln nach Hause. Er prahlt mit seinem Mut, hat aber Angst und hält einen Ast für einen Mann. Er flirtet mit ihr, damit er den Rückweg erst im Morgengrauen antreten muß. Sie hat jedoch das Interesse verloren und läßt ihn vor der Türe stehen. Er muß den gefährlichen Weg unbeschützt und bei Nacht zurückgehen.Gesamtliste
Alle "1000 Worte Hessisch", in der Reihenfolge, wie sie von Wolf Schmidt in seine Werkliste eingetragen wurden.- Das ewig Männliche (Monolog)
- Der Querulant (SZ), Beschreibung
- Der Beschützer (Duo)
- Ordnung muss sein (Duo)
- Das Testament (Monolog)
- Nicht sentimental werden
- Beim Zahnarzt
- Wieso überhaupt
- Der Hundebiss
- Rotkäppchen
- die Kondolation
- Das Inserat
- Die Beratung
- Briefkasten
- Der Flirt
- Bayern, auf nach Hessen!
- Der Kriminalfilm
- Der Sänger
- Die Rede
- Briefkasten II
- Der Damenringkampf
- Die Flucht
- Der Schuhkauf
- Der Fensterplatz
- Briefkasten III
- Der Koffertrick
- Der Retter
- Kollegen
- Der Benediktiner
- Der Wecker
- Der Lift
- Die Beleidigung
- Der Mantel
- Anschluss
- Die Dame im Café
- Das Los
- Der Zeuge
- Der Hochzeitstag
- Der Minister
- Krankenbesuch
- Der Bruch
- Die Beschwerde
- Unfallverhütung
- Mei Frau is eweg
- Der Pickel
- Der Amateurfotograf
- Die Reise
- Der Protest
- Die Schachpartie
- Prominenter Besuch
- Elektrizität
- Hab' ich auch abgeschlossen
- Die Verleumdung
- Die Scheidung
- Der Verdacht (Gespräch aus Paris)
- Der Äppelwein
- Die Torte
- Das Eheversprechen
- Berufsberatung (Duo)
- Die brasilianische Gesandtschaft
- Die neue Brille (Monolog)
- Die neue Krankheit (Duo)
- Ich komme zu nichts (Monolog)
- Der Laubfrosch (Duo)
- Der anonyme Brief
- Der Schlüssel
- Die Aktenmappe
- Die Hessen
- Kleine hessische Sprachlehre (Conférence)
- Ujuijui (Conférence)
- Geschwätz (Monolog)
Das könnte Sie auch interessieren
Die Familie StaudenmaierWolf Schmidt: Wie sind sie eigentlich, die Hessen?